Sieben Meilensteine zur Mitarbeitergewinnung im Gastgewerbe

Bad Kreuznach (08.11.2021): Mit „exorbitanten Lohnsteigerungen“ und flexiblen Arbeitsmodellen will der Verband die Branche attraktiver für Mitarbeiter machen. Die Gäste sollen das durch deutlich höhere Preise wertschätzen und ermöglichen.

Sieben Meilensteine zur Mitarbeitergewinnung im Gastgewerbe

Schulterschluss von Gastgebern, Gästen und Politik 

Adressat Gastgeber:             
Attraktive Arbeitgeber-Marke schaffen

Die Gastgeber sind gefordert, die Arbeitgeber-Attraktivität der Branche deutlich zu verbessern . Nur dann gelingt es neue und an andere Branchen verloren gegangene Mitarbeiter zurückzugewinnen.  

  1. Gute Löhne & Gehälter
    Die Gremien des DEHOGA Rheinland-Pfalz haben daher ihrer Arbeitgeberkommission ein weites Verhandlungsmandat erteilt, um noch in diesem Jahr mit der NGG sowohl einen neuen Entgelt- als auch einen neuen Manteltarifvertrag zu vereinbaren. 

    Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gewinnung von Auszubildenden,
    den zukünftigen Fachkräften. Hier sind folgende Vergütungen vorgesehen:
    Erstes Lehrjahr:        1.000 Euro (+60%, aktuell 625/675 Euro)
    Zweites Lehrjahr:      1.100 Euro (+42%, aktuell 775 Euro)
    Drittes Lehrjahr:        1.200 Euro (+30%, aktuell 925 Euro) 

    Abiturienten mit verkürzter 2-jähriger Ausbildung starten mit dem Entgelt des 2. Lehrjahres


    Die Entgelte für ausgebildete Fachkräfte sollen auf 15,00 Euro (aktuell 11,00 Euro)
    je Stunde und auf monatlich 2.535 Euro (+ 36,4%, aktuell 1.859 Euro) angehoben werden. Damit wird die Attraktivität einer Ausbildung im Gastgewerbe zusätzlich gesteigert.

    Auch bei den Einstiegslöhnen für angelernte Hilfskräfte in der untersten Entgeltgruppe sind entsprechende Lohnsteigerungen vorgesehen.
    So soll das Entgelt in dieser Gruppe auf 12,00 Euro je Stunde (aktuell 9,60 Euro) und damit auf 2.028 Euro (+25%, aktuell 1.622 Euro) angehoben werden. Die unterste Lohnstufe wird zukünftig jedoch immer mindestens 5% über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

    Also: Nie mehr nur Mindestlohn!

    Die weiteren Entgeltgruppen werden der Höhe nach ebenso entsprechend angepasst. 

    Diese exorbitanten Gehaltserhöhungen in allen Entgeltgruppen führen zu entsprechenden Kostensteigerungen der Personalbudgets von bis zu 30%
    und erfordern neben weiteren Maßnahmen auch eine Überprüfung der Zulagen des Manteltarifvertrages. Um Wettbewerbsverzerrungen bei den Lohnkosten in der Branche zu verhindern, wird die Allgemeinverbindlichkeit dieser Tarife angestrebt.

  2. Vereinbarkeit von Beruf & Familie
    Die Bedeutung von planbarer und ausreichender Freizeit wird gerade für die Beschäftigten im Gastgewerbe immer wichtiger. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, von Arbeit und Freizeit werden wir durch intelligente und verlässliche Dienstpläne abbilden müssen.
    Dabei wird zukünftig eine 4-Tage Woche ebenso möglich sein wie eine 6-Tage Woche; erstere eher mit täglich 10 Stunden und letztere eher mit 6 Stunden täglich. Je nach Jahreszeit und Saison aber auch anders. Es braucht passgenaue Arbeitszeitmodelle, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Mitarbeiter ausgerichtet sind. Dabei ist eine unterbrechungsfreie ganzjährige Beschäftigung anzustreben, um aus Saisonarbeitsplätzen sichere und wertige Dauerarbeitsplätze zu machen.

    Die Gastgeber tun gut daran, „Work-Life-Balance“ nicht als Bedrohung oder als Belastung, sondern als Chance zu erkennen, Mitarbeiter für die Branche zu begeistern. 

    Gemeinsam werden wir die attraktive Arbeitgebermarke entwickeln „Guter Gastgeber – guter Arbeitgeber“ indem wir unsere Kernkompetenz als leidenschaftliche Dienstleister für unsere Gäste auch für unsere Mitarbeiter einsetzen.

  3. Guter Gastgeber – guter Arbeitgeber
    Die Atmosphäre im Team, die Wertschätzung der Mitarbeiter und der Umgang miteinander im täglichen Betriebsalltag als Unternehmenskultur sind dritter und ebenso wichtiger Meilenstein einer attraktiven Arbeitgeber-Marke.
    Daher sind hier neben den Gastgebern ganz besonders die Führungskräfte
    und Abteilungsleiter gefordert.

Adressat Gäste:
Solidarität mit und Wertschätzung für das Gastgewerbe

4. Das Gastgewerbe hat in der Pandemie – wie kaum eine andere Branche – in großer Solidarität mit der Bevölkerung in Deutschland ein Sonderopfer erbracht. Die Gäste haben nun die Gelegenheit, einen Teil davon an die Branche zurückzugeben.
Die notwendigen exorbitanten Lohnsteigerungen erfordern auskömmliche, faire Preise mit Steigerungen von 9 bis 15 Prozent. Diese werden durch eine Wertschätzungskampagne des DEHOGA begleitet. „Faire Preise für gute Löhne“ statt „Geiz ist geil“ ist angesagt.

Adressat Politik:          
Verlässlicher Rahmen für sichere Dauerarbeitsplätze notwendig

5. Politik hat das Vertrauen in die Dauerhaftigkeit und Sicherheit der Arbeitsplätze im Gastgewerbe durch den zweimaligen Lockdown mit insgesamt 9-monatiger Zwangs-schließung erschüttert. Dieses Vertrauen wieder aufzubauen, ist Grundvoraussetzung, um
Mitarbeiter für das Gastgewerbe zurückzugewinnen, die insbesondere während der zuletzt siebenmonatigen Zwangsschließung in andere Branchen wechselten.

Hier ist daher die Politik gefordert; sie muss eine dauerhafte Öffnung des Gastgewerbes sicherstellen und damit die Voraussetzung schaffen, dass dieses Vertrauen wieder wachsen kann.
 
6. Politik kann das strukturelle Problem der Winterarbeitslosigkeit im Gastgewerbe durch eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes lösen. Wochenarbeitszeiten und Jahresarbeitszeitkonten sind geeignete Instrumentarien um saisonale Schwankungen abzufedern und Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Überstunden in den Hochsaisonzeiten gewährleisten durch Freizeitausgleich in den schwachen Saisonzeiten ganzjährige Beschäftigung.
 
7. Politik kann die Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt signifikant erleichtern und damit den entscheidenden Beitrag leisten, dass die Zielgröße von 400.000 zusätzlichen Arbeitskräften aus dem Ausland erreicht wird. Dazu sollte Politik als Einreisekriterium – auch für außereuropäische Herkunftsländer – einzig auf das Vorliegen eines rechtsverbindlichen Arbeits- oder Ausbildungsvertrages abstellen. Dabei ist die Zielgruppe deutlich über die des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes hinaus zu fassen.

(Bad Kreuznach, 31.08.2021)